Georg Pangl, ehemaliger Vorstand der österreichischen Bundesliga und aktuell Generalsekretär der EPFL (European Professional Football Leagues), spricht im 90minuten.at-Interview über die Forderungen der kleineren Ligen in Sachen Champions League Reform, das Szenario eines Austritts aus der UEFA und den Zusammenschluss einzelner Länder zu gemeinsamen Ligen. Das Gespräch führte Michael Fiala
90minuten.at: Die Europäischen Profi Fussball-Ligen (EPFL) haben in ihrer Hauptversammlung am 30./31. März einhellig beschlossen, vorerst über Verhandlungen mit der UEFA zu versuchen, die negativen Auswirkungen aus der Reform der UEFA Champions League (UCL) auf den Europäischen Fussball einzudämmen. Noch vor einigen Wochen waren Kampfmaßnahmen im Gespräch. Was hat den Wandel ergeben?
Georg Pangl: Es war eine ursprüngliche Idee, bei der Hauptversammlung eine Woche vor dem UEFA Kongress eine – idealerweise positive – Beschlussfassung herbeiführen zu wollen. Wir haben indes gemerkt, dass UEFA-Präsident Aleksander Ceferin unsere Botschaften durchaus ernst nimmt und Verständnis dafür aufbringt. Wir haben in Absprache mit den Ligen uns jetzt gemeinsam mehr Zeit gegeben, da es auch aus juristischer Sicht nicht möglich war, so kurzfristig ein komplexes Agreement aufzusetzen.
90minuten.at: Bis wann geben Sie sich jetzt Zeit und welche konkreten Forderungen sollen aus Sicht der EPFL erfüllt werden?
Georg Pangl: Bis Juni, dann gibt es eine außerordentliche Hauptversammlung der EPFL, davor wird es auch ein Gipfelgespräch mit Ceferin geben, wie auch informelle Gespräche hier in Helsinki. Wir wollen jedenfalls in den Entscheidungsprozess künftig generell mehr einbezogen werden. Bisher waren wir nur wenig einbezogen und selbst beim Beispiel bei der Champions League Reform war es dann bei weitem nicht so, wie es im Sinne von „good governance“ hätte sein sollen. Man hat uns praktisch hintergangen, daher waren wir auch sehr enttäuscht.
90minuten.at: Und welche konkreten inhaltlichen Änderungen strebt die EPFL an?
Georg Pangl: Da bitte ich auch um Verständnis, dass wir in diesem Stadium diese Thematik nicht öffentlich diskutieren, sinngemäss geht es um ein verstärktes Miteinander im Sinne des europäischen Fussballs. Wir sehen uns in Zeiten wie diesen als moralische Instanz.
90minuten.at: Aber generell, ohne ganz konkrete Forderungen zu erwähnen, geht es darum, dass die kleinen Ligen wieder mehr Einfluss bekommen – finanziell aber auch bzgl. der Anzahl der Teilnehmer?
Georg Pangl: Das ist genau das Vorhaben. Uns ist klar, dass die größten Klubs die interessantesten Klubs sind. Aber wir haben das grundsätzliche Thema, dass die Schere zwischen den ganz reichen und den ehemaligen Großklubs wie z.b. Ajax Amsterdam und den restlichen Klubs immer mehr aufgeht. Da muss man aufpassen, dass sich nicht eine kleine Gruppe an Top-Klubs von allen anderen abkoppelt, auch von ehemaligen Siegern wie schon vorher erwähnt Ajax. Zudem haben wir das Problem, dass auch die Schere innerhalb der Ligen aufgeht: Serienmeister wie etwa Olympiakos und FC Basel sind auf Dauer auch nicht gut für die Ligen.
90minuten.at: Wie kann man die Schere innerhalb der Ligen nicht noch weiter aufgehen lassen?
Georg Pangl: Ich habe bewusst in den vergangenen Monaten im Rahmen des sog. European Social Dialogue einige Länder wie etwa Bosnien Herzegowina besucht. Dort gibt es vielleicht noch in der Hauptstadt zwei Klubs, die so etwas wie Profifußball haben. Danach sieht es schon sehr dünn aus. Wir müssen es hier schaffen, von unten wieder eine lebensfähige Basis zu schaffen. Dies wird nicht funktionieren, wenn die Solidaritätszahlungen der Champions League pro Klub 30.000 Euro ausmachen, während ein Klub für eine Teilnahme an der Champions League zwischen 30 und 100 Millionen Euro bekommt. Aber auch hier orte ich ein gewisses Verständnis von UEFA-Präsiden Ceferin.
90minuten.at: Alle aktuellen Bestrebungen betreffen aber den Zyklus von 2021 bis 2024 oder ist es realistisch für den bereits beschlossenen Zyklus von 2018 bis 2021 noch Änderungen herbeizuführen?
Georg Pangl: Es wäre dringend notwendig und der Großteil der Ligen hätte dies gerne, aber ich denke da muss man realistisch sein. Unser Fokus liegt auf mehr Einfluss für den Zyklus 2021 bis 2024.
90minuten.at: Es gab auch schon erste Androhungen, etwa aus Dänemark, sich aus der UEFA abzuspalten, wenn diese Entwicklung so weitergeht. Wie sehen Sie dieses Thema?
Georg Pangl: Wenn einzelne Klubs diese Meinung haben, ist es so. Wir vertreten aber die Ligen und nicht einzelne Klubs wie etwa die ECA.
90minuten.at: Aber wäre es denkbar?
Georg Pangl: Es ist ein theoretischer Ansatz, aber praktisch kein Thema. Wir versuchen in guter Atmosphäre eine Lösung mit der UEFA zu finden.
90minuten.at: Ein anderes Thema zum Abschluss: Wie sieht die Tendenz einzelner Länder aus, die Ligen zusammenzulegen, um im Konzert der Großen nicht unterzugehen? In Österreich und der Schweiz gibt es die Idee der Alps Premier League, weiter nördlich jene der Altantik-Liga. Wurde diese Thematik auch besprochen?
Georg Pangl: Auch dies ist ein theoretischer, möglicherweise sogar sinnvoller Ansatz aber kein aktuelles Thema.
Danke für das Gespräch!