Wandern die Live-Spiele der österreichischen Bundesliga ab 2018/19 komplett ins Pay-TV? Und was bedeutet dies für den Werbewert der Sponsoren? Eine Annäherung von Michael Fiala.
Die Verhandlungen der TV-Rechte der österreichischen Bundesliga gehen in die heiße Phase. Spätestens bis Anfang Dezember, wenn die Bundesliga zur Hauptversammlung zusammenkommt, muss eine Entscheidung fallen, wer ab 2018/19 die Spiele und Highlights der Tipico-Bundesliga übertragen wird, denn eine Vorbereitungszeit von einem halben Jahr ist notwendig, um etwaige Änderungen umfassend vorzubereiten.
Eigener TV-Sender? Eher nein!
Bisher gibt es einige Gerüchte, mehr aber auch nicht, denn die Verhandlungen um die TV-Rechte gelten als eine der am besten behüteten Geheimnisse. Vor ein paar Tagen ließ Bundesliga-Präsident Hans Rinner mit der Meldung aufhorchen, dass die Liga auch konkret über einen eigenen TV-Sender nachdenke. Bereits im Juni sagte Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer dazu im Interview mit 90minuten.at: „Es ist eine Alternative in den Verhandlungen, kein Druckmittel. Man braucht auch für die Eigenproduktion strategische und finanzielle Partner, um so etwas umsetzen zu können. Die Klubs benötigen ja eine finanzielle Sicherheit. Bei der Eigenvermarktung geht es darum, selbst gestalten zu können und den Wert des eigenen Produktes besser zu kennen. Das ist ein interessantes Modell, mit dem sich jeder Sportverband der Welt auseinandersetzen muss. Wir tun das intensiv, aufgrund des Marktes und auch aufgrund der Konsumationsweise von Medien an sich.“ Diese Idee soll aber mangels finanzieller Möglichkeiten wieder verworfen worden sein. Möglicherweise wurde diese Information auch nur verbreitet, um im Poker mit ORF, Sky & Co ein Argument mehr zu haben.
Alle Live-Spiele im Pay-TV?
Bereits in den Wochen zuvor konnte man vernehmen, dass Dazn kein Interesse an den Rechten gezeigt hat und Sky sich darum bemüht, mehr Exklusivität zu bekommen. Dem Vernehmen nach will Sky (so gut wie) alle Live-Spiele künftig ins Pay-TV holen. Angeblich will Sky dafür 30 Mio. Euro pro Jahr zahlen. Im Vergleich zum alten Vertrag wäre dies eine Steigerung um 8 Mio. Euro, also um etwas mehr als 30%.
Mehr Exklusivität, weniger Werbewert
Doch die Zahlen dürfen nicht so einfach interpretiert werden, denn mit mehr Exklusivität verbunden mit mehr TV-Geld und dem Verlust des ORF-Livespiels geht eine Reduktion des erzielten Werbewertes einher. Der Werbewert ist wiederrum für die Sponsoren der Bundesliga-Klubs von essentieller Bedeutung, denn die Vereine generieren durch Sponsoring rund 50% ihrer Budgets. Weniger Free-TV-Präsenz würde dazu führen, dass die Sponsoren der Klubs ihre Verträge gegebenenfalls nachverhandeln.
167 Mio. Euro Werbewert durch TV
Um sich dem Thema anzunähern, braucht es einen Blick auf die erzielten Werbewerte der Vergangenheit, die von der Bundesliga mit berechtigtem Stolz in jedem Geschäftsbericht erwähnt werden. Für die Saison 2015/16, also in der Zeit des aktuellen TV-Vertrags mit Sky/ORF, heißt es dazu: „Nicht weniger als 1.727 Stunden an TV-Beiträgen generiert. (…) Allein für die Tipico Bundesliga wurde in der Saison 2015/ 16 ein TV-Medienwert von knapp 167 Millionen Euro erzielt. (…) Innerhalb der letzten fünf Jahre konnte der TV-Medienwert der Tipico Bundesliga um über +36 Prozent gesteigert werden.“ (siehe Grafik)
Die Entwicklung des TV-Werbewertes der Bundesliga
Wie deutlich sinkt der Werbewert?
Die große Frage ist jetzt: Wie stark sinkt der Werbewert, wenn die Live-Spiele „nur“ noch im Pay-TV zu sehen sind? Ein Rundruf von 90minuten.at bei den Institutionen, die normalerweise diese Wert auf Knopfdruck liefern könnte, hat jedenfalls keinen Erfolg eingebracht. Sowohl United Synergies als auch Focus hätten zwar entsprechende Werte, können diese aber aufgrund der aktuellen Situation nicht hergeben. Hintergrund: Unternehmen wie etwa die Bundesliga oder möglicherweise auch TV-Sender bezahlen für diese Werte einiges an Geld, um in der aktuellen Rechte-Vergabe die Argumente auf ihrer Seite zu haben. Aber auch die Sender wie Sky oder ORF zeigen sich auf Anfrage von 90minuten.at wortkarg. Niemand will sich aus der Deckung wagen.
Werbewert-Reduktion am Beispiel Champions League
Wenn man keine offiziellen Werte bekommt, muss man sich annähern: Ein Szenario, wie es aktuell in Österreich diskutiert wird, gab es vor wenigen Monaten rund um die Entscheidung bei den Champions League Rechten. Sky und Dazn sicherten sich alle Live-Spiele der Königsklasse, diese werden künftig nur noch hinter einer Bezahlschranke zu sehen sein. Das Beratungsunternehmen Nielsen Sport hat damals dazu eine Studie veröffentlicht, die den Werbewertverlust im deutschen TV berechnet hat, da ab 2018/19 keine Live-Spiele mehr im ZDF zu sehen sind.
Die Kurzfassung der Studie: Insgesamt generieren die Sponsoren aktuell innerhalb der Champions-League-Übertragungen im ZDF einen Werbewert von fast 81 Millionen Euro pro Saison; 78 Prozent des Werbewerts entfallen auf die offiziellen UEFA-Sponsoren UniCredit, Sony Playstation, Mastercard, Lay’s, Nissan, Gazprom, Heineken und adidas. Die weiteren 22 Prozent werden durch die jeweiligen Vereinssponsoren (Trikotwerber und Sportartikelausrüster) generiert. In der noch aktuellen co-exklusiven Situation wird über die Pay-TV-Übertragungen auf Sky ein weiterer Werbewert von knapp 9 Millionen Euro generiert. Der Nielsen-Sports-Analyse zufolge würde die nun bestätigte Pay-TV-Übertragung der Champions League einen deutlichen Verlust des Werbewerts mit sich bringen. Zwar wird bei der Berechnung angenommen, dass im Pay-TV dank des Exklusivrechts im Rechtezyklus der Saisons 2018/19 bis 2020/21 mit steigenden Abonnentenzahlen gerechnet werden kann – damit verbunden auch ein Reichweitenanstieg der einzelnen Spielübertragungen. Der große Reichweitenverlust durch den Wegfall der Free-TV-Übertragungen wird aber nicht vollständig kompensiert werden können. Jan Lehmann von Nielsen Sports erklärte zur Studie daher: „Insgesamt gehen wir davon aus, dass der Werbewert für Sponsoren um gut 70 Millionen Euro sinken würde. Das bedeutet nicht, das Sponsoren im gleichen Maß weniger zahlen, aber die UEFA würde den Effekt bei der Bewertung der Angebote berücksichtigen. Die Pay-TV-Anbieter müssten laut der zugrunde liegenden Modellrechnung also zwischen 35 und 43 Millionen Euro mehr generieren als bisher. Laut FAZ lässt sich Sky die Champions-League-Rechte rund 70 Millionen Euro pro Saison kosten, das ZDF sogar 60 Millionen Euro für die bereits erwähnten 17 Livespiele. Entsprechend höher müssen also vermutlich die Angebote von DAZN und Sky gewesen sein, um diesen Effekt mindestens auszugleichen.
Was heißt das für Österreich?
Vergangene Woche gab es bei den Österreichischen Medientagen ein Panel über das Thema Sportrechte. Mit dabei war auch Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer. Angesprochen auf die Studie von Nielsen konterte der Wiener mit einer eigenen Studie, die von der Liga pikanterweise ebenfalls bei Nielsen in Auftrag gegeben wurde. Laut unserer Nielsen Studie haben die Sponsoren in Österreich das nicht zu befürchten, das Verhältnis der Werbewert-Reduktion würde in Österreich deutlich unter 50% liegen“, sagte Ebenbauer auf Nachfrage von 90minuten.at.
Gibt es überhaupt genügend Pay-TV-Potenzial in Österreich?
Der Schritt zu mehr Exklusivität in der österreichischen Bundesliga wird bereits seit vielen Jahren diskutiert. Immer wieder gibt es Argumente dafür (=mehr Geld) und dagegen (= weniger Werbewert). Aber wie sieht es überhaupt mit dem Potenzial in Österreich aus? Könnte Sky ein derartiges Angebot überhaupt refinanzieren? Dazu meinte Christian Ebenbauer bei den Medientagen: „Nielsen hat im Auftrag der Bundesliga rund 2.700 Personen in Österreich befragen lassen. Dabei kam heraus, dass es insgesamt 4,7 Mio. Fußballinteressierte Personen in Österreich gibt, und dass es ein Potenzial von bis zu 710.000 Haushalte gibt, die sich vorstellen können, ein Pay-TV-Angebot abzuschließen, um österreichischen Bundesliga-Fußball zu sehen.“ Mit Stichtag 20. Juni 2017 verzeichnete Sky 391.000 Abonnenten, wobei man davon ausgehen kann, dass nicht alle dieses Abo wegen eines Fußball-Angebots genommen haben. Ein wenig Potenzial schlummert also sicherlich in einer vollen Exklusivität des österreichischen Bundesliga-Fußballs.
Wären 30 Mio. Euro gut oder schlecht?
Ob die 30 Mio. Euro jetzt daher ein gutes oder schlechtes Angebot sind, lässt sich daher aus jetziger Sicht schwer beurteilen. Dem Vernehmen nach ist es der Liga zu wenig. Ein Beurteilung ist auch vor allem deswegen schwer, weil man aktuell nicht weiß, wie die Highlight-Verwertung künftig aussehen könnte. Im aktuellen Vertrag ist keine Fußball-Show wie etwa die „Sportschau“ in Deutschland vorgesehen. Bisher hat sich die Liga mit 5 Spielen dabei auch schwer getan, eine umfassende Show anzubieten, noch dazu, wenn zum Teil bis zu drei Spiele aufgrund der Europa League auf den Sonntag ausweichen mussten. Künftig gibt es aber ein Spiel mehr und möglicherweise muss sich der Fußball-Fan auch auf andere Ankickzeiten umstellen, damit eine Fußball-TV-Show auch Sinn ergibt. Mit einer umfassenden Highlight-Verwertung könnte der Plan der Liga aufgehen: Live-Spiele wandern hinter die Bezahlschranke und der Abfall des Werbewertes wird durch die Highlight-Show abgefedert. Noch dazu müsste der Free-TV-Partner für die Verwertung der Highlights auch noch einmal ins Geldbörserl greifen.